Marie-Charlotte Cadeau (Paris): Ein subtiles Unbewusstes …
oder einige Vertracktheiten des weiblichen Unbewussten
«Einer Frau ist das Unbewusste als disharmonisches Wissen fremder, als es dem Mann ist … denn es kommt zu ihr durch den Mann … » (Lacan, 11. Juni 1974) Was heißt dieses «fremder» und wie kann man es erhellen? Von welchem Anderen erhält diejenige, die in der Position des Anderen ist, ihre Botschaft? Von einem Partner? Von einem sozialen Diskurs? Für Freud macht bekanntlich das Unbewusste es denen nicht leicht, die nicht in der Position waren, den phallischen Segen direkt zu erben. Dieser Unterschied zwischen Mann und Frau in der Beziehung zum Unbewußten führt in Lacans Werk zu der folgenden berühmten Formulierung: Ist die Frau für den Mann ein Symptom, so ist für eine Frau der Mann eine Verheerung (ravage); eine Formulierung, die mit Vorsicht und ohne flammenden Feminismus zu lesen ist. Lacan hat zur Klinik des Weiblichen einen genialen Beitrag geleistet, als er den Begriff «pas-toute» (nicht-ganz, nicht-alle) brachte. Ein Teil der weiblichen Subjektivität ragt über den Signifikanten hinaus, bleibt dabei trotzdem mit ihm verbunden. Doch der Zugang zu diesem Anderen Genießen, das eine sichere Freiheit gewährt, bahnt gleichzeitig einen Weg in Richtung der Pseudo-Psychose, der folie (Verrücktheit, Torheit, Manie…).Ich werde anhand einiger Fragestellungen aus der Perspektive der heutigen Klinik, insbesondere ihres Verhältnisses zum Körper versuchen, die unterschiedliche Beziehung zum Unbewussten und die Verheerung, die es bewirken kann, anzugehen. Die grenzenlose Permissivität, die in logischem Zusammenhang zur Marktwirtschaft steht, verweist jedoch in ihrer Verwerfung auf ein Reales des Geschlechts und seine Verbindung zum Schreiben, wovon das gegenwärtige weibliche Schreiben Zeugnis ablegt. Andere Aspekte der Verheerung zeigen sich weiterhin bei den «genderqueers», wie sie sich selbst den Genderstudies folgend nennen, und in der sexuellen Verwirrung – off-sex oder Cybersex – jener kleinen Computergenies, zu denen auch die jungen Mädchen zählen.
Vortrag in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung
Moderation: Martine Gardeux u. Peter Müller
Eintritt: 10/5€
Veranstaltungsort:
Psychoanalytische Bibliothek Berlin
Hardenbergstraße 9
10623 Berlin-Charlottenburg